Werkbeschreibung

Biographisches

 

W. Jo Brunner (*1947 in Luzern) besucht die Kunstgewerbeschule Basel. Schon mit 24 Jahren stellt er zum ersten Mal in der Schweiz aus. Zwei Jahre später geht er nach Berlin, wo ihn im Verlauf seines Studiums an der Hochschule der Künste die Faszination der Animations- und Experimentalfilmkunst erfasst und er 1979 in der Klasse von K. H. Hödicke zum Meisterschüler avanciert. 1980 ist W. Jo Brunner Mitbegründer der Berliner Produzentengalerie GARAGE. Zu archäologischen Grabungskampagnen hält er sich bis 1992 wiederholt in Griechenland, Kleinasien und Sizilien auf. Die Eindrücke schlagen sich in seiner künstlerischen Arbeit nieder. 1993 siedelt er von Berlin nach Niedersachsen über, wo er auch heute noch lebt und arbeitet.

 

Material und Technik

 

Die Auseinandersetzung mit Fotografie und Filmkunst, mit dem bewegten Bild und der Dokumentation des Augenblicks wird zum inspirativen Ausgangspunkt für die Malerei W. Jo Brunners. Ein breites Spektrum gedeckter und pastellig aufgehellter Erdtöne - zwischen kühlreinem Weiß und tiefgetrübtem Grauschwarz, hier und da von einem Blau-, einem Rot-, einem Gelbakzent belebt – bestimmt die dramatisch bewegte Atmosphäre der Gemälde. W. Jo Brunners Bildkunst entwickelt sich in einem beständigen Pulsieren zwischen gestisch-intuitivem Duktus und zeichnerisch-linearer Setzung, zwischen materiell gedrängter Farbverdichtung und strukturell gelöster Verflüchtigung. Ölfarbe und Kohle, Pinsel, Bleistift, Schwamm und Bürste dienen dem Künstler als Instrumente zur bevorzugten Bearbeitung von Papier und ungrundiertem Segeltuch. Einerseits bleibt die unbehandelte Natürlichkeit der Bildträger nach Abschluss des Malprozesses dauerhaft sichtbar erhalten. Andererseits gehen Papier und Baumwollgewebe mit den Spuren und Schichtungen aus pastoser Primamalerei, verwaschenen Lasuren und kalligrafischen Eingriffen eine unauflöslich organische Verbindung ein.

 

Bildsprache und künstlerisches Anliegen

 

W. Jo Brunner rekapituliert in seiner Kunst die Möglichkeiten malerischer Abstraktion. Jenseits allen stilbegrifflichen Denkens bedient er sich einer kraftvollen Handschrift, die auf eine kontrollierte Einbindung zufälliger Formprozesse setzt und den Umgang mit der Farbe zum Ursprung jeden Bildes erhebt. Als Aktionsfeld bildet die Bildoberfläche das konstruktive Gerüst für eine Malerei, die in vielfach gestaffelten Durchdringungen die Farbstrukturen schichtweise zu einer neuen tiefenräumlichen Wirklichkeit verwebt. In unserem Sehvermögen erscheinen die Bilder ungegenständlich und doch lässt sich eine assoziative Gegenläufigkeit von ferner Unendlichkeit und anschaulicher Präsenz erspüren.

W. Jo Brunners Bildsprache erwächst der Auseinandersetzung mit dem Landschaftlichen. Die existentielle Erfahrung der Naturgewalten im Gebirge und die stimmungsvollen Eindrücke von Gesteins- und Bergformationen im Wechsel der Witterungen bieten Motiv und Anlass für den bildnerischen Versuch. In der seriellen Erarbeitung übersetzt der Künstler die flüchtigen Verwandlungen der Natur in malerisch abstrahierte Licht- und Schattenformationen, die eine zeitlose Vorstellung von Landschaft ohne geografische Zuordnung evozieren. Himmel und Erde, Wolken und Steine erscheinen zentrifugal in Bewegung versetzt. Kein Horizont bietet Halt in der Richtungslosigkeit der bildräumlichen Orte.

W. Jo Brunner vertritt eine emotionale Haltung, welche die sinnliche Einfühlung in die Naturerscheinungen thematisiert und die Bildfläche als Terrain der subjektiven, malerischen Raumgestaltung betrachtet. Die Bildräume fungieren als imaginative Landschaften. Sie durchqueren den Gesichtskreis des Betrachters wie die bewegten Bilder eines Films, die mit der Augenblicklichkeit der Zeit verfliegen. Es sind ausschnitthafte Bildgefüge, welche die erinnerten Empfindungen des Künstlers in der geistigen Qualität von Malerei und Zeichnung zu binden suchen. Es ist eine Bildsprache, welche mit ihrer Gegensätzlichkeit voll ahnungsvoller Transparenz und rätselhafter Undurchdringlichkeit die Aggregatzustände von Erde, Wasser und Luft definiert, geologische Tiefen auslotet und atmosphärische Höhen erkundet. Und es ist ein Kunstbegriff, in welchem rationaler Bildaufbau und spontaner Gestus, Bild- und Schriftsprache zu malerischen Studien über die Orientierungslosigkeit und bedrohliche Entfremdung des Menschen von der Natur verschmelzen.

Website von W. Jo Brunner

www.brunner-petzold.de