Werkbeschreibung

Biografisches

Silvia Siemes (1960, Freiburg i. Br.) wuchs als jüngste von vier Töchtern in einer künstlerischen Familie auf. Ihre Mutter war Balletttänzerin und ihr Vater Pianist.

In der Pubertät widmete sich Siemes vermehrt der Malerei und dem zeichnerischen Ausdruck. Nach dem Abitur absolvierte sie zwecks des Erlernens eines Brotberufes die Porzellanfachschule in Selb (D), wo sie die Gestaltung und den Formbau für Geschirr erlernte. Anschliessend legte sie erfolgreich die Eintrittsprüfung an die Hochschule für Künste in Bremen ab, wo sie Bildhauerei studierte. Hier lernte sie auch ihren Mann kennen. Nach dem Abschluss in 1996 unterrichtete sie an der Volkshochschule, um neben Verkäufen ihrer Skulpturen ein regelmässiges Einkommen zu haben. Bald zeigten sich erste Erfolge in Ausstellungen im In- und Ausland. Siemes lebte bis vor kurzem mit ihrer Familie in Beuren bei Nürtingen (D), wo sich auch ihr Atelier befand. Sie ist mittlerweile näher zur Schweiz gezogen. 

Material und Technik

Siemes arbeitet ausschliesslich in Terrakotta. Die Skulpturen entstehen im ersten Schritt in der Vorstellung der Künstlerin. Die Grösse und die formale Ausgestaltung hat sie vor Augen, wenn sie den Aufbau „von unten nach oben“ in Angriff nimmt. Dazu formt Siemes Rohre aus Ton, die sie dann von unten aufsteigend aufsetzt. Ihr Arbeitsmaterial ist grobschamottierter Ton, da dieser eine gute Standfestigkeit aufweist. Im Arbeitsprozess trocknen die Einzelteile der entstehenden Figur an, bevor sie von Siemes zusammengesetzt werden. Der ganze Arbeitsablauf weist auch wegen der technischen Voraussetzungen (dem Antrocknen) eine rasche Vorgehensweise auf. Der Ausdruck der Figur entsteht bei Siemes spontan im Arbeitsprozess und wird später nicht mehr verändert. Für Ihre Arbeiten verwendet die Künstlerin verschiedenfarbige Tone, wie weiss-, rot- und graubrennenden Ton, die sie anschliessend verflüssigt einfärbt. Die Engobe (dünnflüssiger Tonschlicker) trägt sie pastos auf die Skulpturen auf, bevor sie im Keramikofen gebrannt werden. Durch die Verwendung der verschiedenfarbigen Tone erreicht Siemes den naturalistischen Ausdruck ihrer Figuren. „Mein Arbeitsprozess ist immer kontemplativ“, erläutert sie. An einer lebensgrossen Skulptur arbeitet die Künstlerin eins bis zwei Wochen.

Bildsprache und künstlerische Aussage

Das Werk von Siemes ist gänzlich figürlich gehalten. Der Mensch stand immer im Zentrum ihres Schaffens. Der kontemplative Arbeitsprozess spiegelt sich auch im Ausdruck ihrer Figuren. „Mich interessiert die Ausgeglichenheit und Gleichheit, vielleicht auch Verwandtschaft meiner „Personen“, die ich als Objekte wahrnehme“, erklärt Siemes. Dabei steht das Bemühen der Künstlerin - trotz der erwähnten Gleichheit- eine Individualität der einzelnen Figur herauszuarbeiten im Vordergrund. Es geht ihr um den Prototyp eines idealisierten Menschen, dessen Kernmerkmal ein ausgeglichener geistiger Zustand ist. „Das Fehlen einer Zuordnung meiner Figuren soll ihre Präsenz in der Gegenwart des Betrachters stärken“, meint Siemes. Das Ausschliessen des erzählerischen Augenblicks in ihren Arbeiten lässt Ihre Figuren rätselhaft im Raum stehen. Der Betrachter schaut und fragt sich, wohin der entfernte Blick von Siemes Figuren gleitet. Diese Fernsichten sind auch Durchsichten zu anderen Welten, die an den kontemplativen Akt ihres Werdens gemahnen. Frauen sind in Siemes Werk stark präsent. Vielleicht spielt hier das eigene Wunschbild, das eigene Erfahren und der ästhetische Moment des Weiblichen an sich eine Rolle. Der Ausdruck der Figuren von Siemes lässt Welten erahnen aber nicht erfassen: diese Ungewissheit und zugleich innere Lebendigkeit lassen den Blick des Betrachters auf sich ruhen.

Website von Silvia Siemes

http://www.siemes-rissler.info/