Werkbeschreibung

Biografisches:

Die gebürtige Amerikanerin Rosemary Rauber-Singleton (*1958 Davenport/Iowa) genoss ihre Ausbildung an der University of Missouri, wo sie 1981 in den Fächern Malerei, Zeichnen und Fotografie abschloss. Es folgte eine Weiterbildung in New York am International Center of Photography (1981-82), an der Parsons School of Design (1983) und der Art Students League (1986-87). R. Rauber-Singleton lebt und arbeitet seit 1990 in der Schweiz. Seit 2000 leitet die Künstlerin in Oberlunkhofen das Atelier Artplace, wo sie Malen und Aktzeichnen unterrichtet. Ihre Werke werden regelmässig in Einzel- und Gruppenausstellungen in der Schweiz und den USA gezeigt.

 

Material und Technik:

R. Rauber-Singleton malt in Acryl auf Leinwand. Punktuell integriert sie Collage-Elemente in das Bildgeschehen, ritzt Muster und ausdrucksstarke Linien oder schreibt in die noch nasse Malschicht. Den Gemälden der Künstlerin liegen Fotografien als Inspirationsquelle zugrunde, die sie einzeln oder in kompositorisch und inhaltlich aufeinander Bezug nehmende Gruppen zusammenfasst.

 

Bildsprache und künstlerische Aussage:

Die Gemälde von R. Rauber-Singleton sind in die drei Werkgruppen Here and There, Portraits und Around the Water eingeteilt. Die Here and There-Serie umfasst Stadtansichten, Jahrmärkte und Verbildlichungen (zwischen-)menschlicher Gefühle. Sie erforscht Auffassungen von Heimat und Identität, thematisiert die sich wandelnde Einstellung der Künstlerin gegenüber den Orten in den USA, an denen sie gelebt hat, oder gegenüber Zürich, in dessen Nähe sie heute wohnt. Wie in einem Tagebuch finden sich zuweilen Andenken an die dargestellten Orte, wie Eintrittskarten und Bahntickets, aber auch eigene oder zitierte Texte, die einer lebhafteren Wahrnehmung der dargestellten Szenen dienen. R. Rauber-Singleton integriert in der Collage-Technik auch Briefe ihres Grossvaters, die er einst vom jeweiligen Arbeitsort in der Fremde zurück nach Hause an seine Familie schickte. Mittels dieser Briefe gewinnen die Themen ‘Heimat’ und ‘Heimweh’ an historischer Signifikanz, beleuchten sie doch Trennungsschmerz und Sehnsucht nach Geborgenheit. Mit jedem Bild findet eine neue Identifikation mit der seelischen und geografischen Befindlichkeit und Zugehörigkeit statt.

                              Wo in den Stadtbildern oft eingrenzende Horizontalen und Vertikalen und ein kubistisches, teils stark abstrahiertes Formenvokabular die Komposition bestimmen, da definieren sich die Gemälde der Werkserien Portraits und Around the Water durch eine belebte, fliessende Pinselführung.

                              Die kleinformatigen Portraits, oder auch Body Gesture Paintings, basieren auf Blindzeichnungen* ab Fotografien von Verwandten und Bekannten der Künstlerin, aber auch von interessanten Leuten, denen sie im Alltag begegnet. Darin fängt die Künstlerin in Gedanken versunkene Menschen draussen in der Natur oder in familiären Interieurs ein. Ohne erkennbare Physiognomie geben die Personen ihre Identität alleine durch ihre Körpersprache preis. Die humorvollen Bildtitel, wie “Yes, I see you” oder “Where is that waiter?”, suggerieren einen möglichen Gedankengang. Die Pinselführung ist expressiv, gestisch und die Grenzen zwischen der Person und ihrer Umgebung, zwischen den Farbfeldern sind verwischt. Eine grosszügige Bewegung durchströmt die Komposition wie das unaufhaltsame Fliessen der Zeit. Wie bei Pierre Bonnards Interieurs aus seiner Nabis-Zeit, offenbaren die Portraits wie die Künstlerin räumliche Perspektive einem farbigen Muster zuliebe vermeidet und sich somit neue kompositorische Freiheiten ermöglicht.

                              Die Stimmungsbilder der Serie Around the Water sind die persönlichsten der Künstlerin und beziehen sich auf die an einem See in Missouri verlebten Sommer mit der Familie. Die Zeit schien sich zu verlangsamen und mit ihr veränderten sich auch die physischen Grenzen, die Wahrnehmung von Selbst und Körper. Die Familienmitglieder in den Gemälden sind sichtlich entspannt, fühlen sich wohl, agieren und spielen mit anderen im Sand oder scheinen mit dem sie umgebenden Wasser eins zu werden. Die grellen Farben der Badekleidung und das fröhliche Treiben am Strand kontrastieren mit dem ruhigen, tiefen Blau des Wassers. Auch hier fliesst der Pinselduktus und umreisst die menschliche Form nur andeutungsweise; Licht und Farbe durchwirken die Komposition.

                              In jedem Gemälde setzt sich R. Rauber-Singleton von neuem themenbezogen und formell mit der Abstraktion auseinander. Die eingefangene und in die Malerei übersetzte Realität mengt sich mit Erinnerungen an ein bewusst wahrgenommenes Leben, welches gekonnt durch Formgebung, Pinselführung und Komposition visualisiert und überhöht wird.

 

*Konturenzeichnung nach Modell/Objekt/Fotografie ohne dabei den Stift abzusetzen und ohne auf das Blatt zu schauen.

Website von Rosemary Rauber

http://www.artplace.ch/