Werkbeschreibung

Biografisches

Marlies Achermann (1951, Feldkirch A) erlebte als Kind die entbehrungsreichen Nachkriegsjahre im voralbergischen Feldkirch. Sie war das jüngste Kind ihrer Eltern, ein Nachzügler. Am besten verstand sich Marlies Achermann mit ihren zwei um über zehn Jahre älteren Schwestern und ihrem Bruder sowie mit ihrem Vater. Sie waren ihr Familie und Vorbild zugleich. Ihre Mutter war Schneiderin und ihre Schwester Kürschnerin – so konnte sie mit Stoffen und Farben experimentieren. Bereits als Kind zogen sie Farben und Stoffe sehr an. Die Liebe  zur Kunst lag auf der Hand. Aus Geldmangel bastelte Achermann auch all ihre Spielsachen selber. Auch hier entdeckte sie ihren Drang zum Ausdruck und ihre Kreativität. Sechzehnjährig verliess sie das elterliche Haus und zog alleine nach Zürich, wo sie nach Gelegenheitsjobs die Ausbildung zur Zahnarztassistentin absolvierte und ihren Mann kennenlernte. Nach der Heirat und der Geburt ihrer zwei Söhne konnte sich Marlies endgültig der Kunst widmen und absolvierte während vielen Jahren Weiterbildungskurse an der Kunstgewerbeschule in Zürich.  Seit 1989 stellt sie mit Erfolg aus. Mit ihrer Familie lebt Achermann in Bonstetten ZH, wo sich auch ihr Atelier befindet.

 

Material und Technik

Achermanns bevorzugtes Material ist Glas. Ihre experimentelle Hinterglas“malerei“ beginnt sie mit einer Nitrofrottage, für welche sie eine selber angefertigte Fotografie verwendet. Nach der Nitrofrottage trägt Achermann eine Schicht Acrylfarbe auf. Es folgen Ritzen und Kleben von verschiedenen Materialien, wie auch dem Schriftzug. Dabei verwendet Achermann die verschiedensten Instrumente wie Schnitzwerkzeug, Pinsel, Pinzette und andere mehr. Das Bindemittel, eine Acrylemulsion, benutzt die Künstlerin, um Korrekturen anzubringen oder auch um die verschiedenen Werkschichten miteinander zu verbinden. Da der Auftrag in umgekehrter Reihenfolge hinter das Glas erfolgt, muss die Künstlerin bei jedem kleinen Arbeitsschritt umdenken und seitenverkehrt arbeiten. Dies verlangt eine enorme Konzentration und vorsichtige, langsame Arbeitsweise. Neben der materiellen Experimentierfreude sind das die wichtigsten Kennzeichen von Achermanns Werk. Der Hauptgrund ist in hellen Farben, weiss oder grau, gehalten. Die einzelnen „Collageteile“ bringen dann eine Art rhythmisierende Farbnote in Achermanns Glaskompositionen. Die fertigen Glasarbeiten werden in einer speziell dafür gefertigten Rahmenbox mit einer Distanzleiste von der Künstlerin selbst installiert. Früher modellierte Achermann viel mit Ton und arbeitete in einer malerischen Mischtechnik oft auf Holz, selten auf Leinwand. Die Auseinandersetzung mit Stoff begleitet die Künstlerin von Kindsbeinen an und ist in kleinster Form auch in ihrem Glaswerk präsent.

 

Bildsprache und künstlerische Aussage

Das Werk Achermanns ist durchgehend abstrakt mit figurativen „Einsprengseln“ gehalten. Die Freude am Experimentieren mit verschiedenen Techniken und Materialien sticht hervor. „Für mich ist es wichtig, dass der Betrachter im Bild sucht und findet“, erläutert Achermann. Das Unerwartete, die Überraschung steht in ihrem Werk im Vordergrund. Dieser Prozess spielt sich nicht nur beim Betrachter ab, sondern vor allem auch im Arbeitsprozess der Künstlerin. Das jeweilige Werk findet seine endgültige Form erst während der Arbeit und stellt auch für Achermann am Schluss immer etwas Neues, Überraschendes dar. Das Unvorhersehbare dient der Künstlerin zudem als eine Metapher. Diese allerdings verweist auf eine tiefere Ebene im Werk von Achermann: der Mensch kann nur mit dem Unvorhersehbaren leben, aus diesem seine Anregung und seinen Sinn schöpfen. Denn gesichertes Wissen über das Morgen existiert - auch per definitionem - nicht. Das verleiht dem Werk von Achermann Spannung und unzählige Augenblicke, wo der Betrachter auf seiner formalen und inhaltlichen Entdeckungsreise fündig werden kann. Dieser wandert auf einem verschlungenen Pfad, auf dem das Auge nur bis zur nächsten Kurve ahnen kann, was hinter dieser folgen mag. Diese Ahnung mündet in eine Spannung, die sich in ein überraschendes Staunen entlädt. Für Achermann ist das Innere des Menschen ein Geheimnis, dessen Existenz nur ein teilweises Lüften zulässt. Dies spiegelt ihr Werk auf eine eindrückliche und experimentell faszinierende Weise.

Website von Marlies Achermann

www.achermann.cc/